USA – Südwesten 2

Gewaltiger Grand Canyon und Nostalgie entlang der Route 66.

29. Februar – 9. März 2020

Eindrückliche Natur

Einen kleinen Vorgeschmack auf die Gegend vom Grand Canyon erhalten wir, als wir die Strasse zum Grand Canyon entlang fahren. Die Little Colorado River Gorge liegt auf Navajo Gebiet und diese Formationen sind schon recht eindrücklich. Entlang der Strasse und an den beiden Aussichtspunkten kann Navajo-Kunst käuflich erworben werden. 

Endlich nähern wir uns unserem Ziel, dem Grand Canyon National Park! An der Ostseite des Parks halten wir bei der ersten Sehenswürdigkeit, dem Desert View Watchtower. Der Aussichtsturm ist ungefähr 21m hoch und wurde von Mary Colter errichtet. Sie war eine der wenigen weiblichen Architekten ihrer Zeit und zeichnet für die ersten Gebäude im Nationalpark verantwortlich. Die Wände und Decken im Inneren des Turms sind mit Malereien aus der Hopi-Kultur verziert und stammen von Hopi-Künstler Fred Kabotie.

Der erste Blick auf den Grand Canyon ist einfach nur grandios! Wir können uns kaum sattsehen. Auf dem Weg Richtung Grand Canyon Village steuern wir weitere Aussichtspunkte an. Wahnsinn, wie sich die Aussicht, Farben und Formen immer wieder verändern! Gewaltig, was die Natur schafft! Es ist kaum in Worte zu fassen, wie eindrücklich die Landschaft hier ist. Viel Schwieriger ist es allerdings, sie fotografisch festzuhalten. Wir versuchen es dennoch und fangen von fast allen Aussichtspunkten am Rande des Canyons die Stimmungen zu den unterschiedlichsten Tageszeiten ein.

Wir lassen uns Zeit im Grand Canyon. Je nach Tageszeit, wandern wir dem sogenannten Rim (Rand) entlang oder nehmen den Shuttlebus zu jenen Aussichtspunkten, die nicht mit dem eigenen Fahrzeug zu erreichen sind. Der Nationalpark hat ein Shuttlebussystem eingeführt, um den Verkehr während der Hochsaison einzudämmen. Sehr sinnvoll, wenn man bedenkt, dass zu Spitzenzeiten 16’164 Besucher am Tag im Park sind. Unserer Ansicht nach der Ort mit der schönsten Aussicht auf den Grand Canyon ist Shoshone Point. Er ist mit einem kleinen Spaziergang durch einen guten Waldweg erreichbar. Wer Glück hat, sieht auf dem Spaziergang auch Hirsche. Shoshone Point ist nicht auf den normalen Parkkarten, die man im Visitor Center erhält, verzeichnet. Man muss speziell danach fragen. 

Die Phantom Ranch

Wir erwägen, in den Canyon runter zum Colorado River und am gleichen Tag wieder zurück zu wandern. Als gestandene Schweizer, die sich das Wandern gewohnt sind, sollte dies wohl kein Problem darstellen! Die Rangerin im Hauptvisitor Center sagt, zu dieser Jahreszeit wäre dies möglich, da es ja nicht so heiss sei. Im Sommer wäre dies absolut unmöglich. Sie erklärt uns, dass es zwei Wege gibt: Den South Kaibab Trail, der etwas steiler, dafür ein bisschen kürzer ist und den Bright Angel Tail. Falls man nur einen Weg zu Fuss machen möchte, gäbe es auch die Möglichkeit, den anderen mit einem Maultier zu machen. Die Rangerin erklärt weiter, dass man unten auch campen kann, es jedoch eine Backcountry-Bewilligung vom entsprechenden Büro braucht. Dort kommen wir ins Gespräch mit einem anderen Besucher. Wir befragen auch ihn zu unserem Vorhaben. Seiner Meinung nach ist es gut in einem Tag zu schaffen. Er rennt aber auch die Tour de Geants, ein Rennen um das Aostatal. Also nicht wirklich eine Referenz… Der Ranger dort rät uns von einer Tageswanderung ab. Wiederum andere Leute sagen, das sei locker zu schaffen. Und falls nicht, könne man unten ja campen und wer brauche schon ein Zelt bei diesen Temperaturen, die dort ja über Null seien (es hat oben gerade geschneit!). Ahhh, zuviel verschiedene Informationen! Kein bisschen schlauer als vorher fragen wir die Einzigen, die wir kennen und schon mal unten waren, Gaby und Cornel. Sie geben uns den Tipp, bei der Phantom Ranch um ein Zimmer anzufragen, da eine Tagestour wahrscheinlich schon extrem anstrengend sei. Also gehen wir zum Backcountry Büro und fragen dort eine Rangerin zu unserer Situation. Sie ist sehr kompetent und rät uns, unten zu übernachten. Denn, wie cool ist es, im Grand Canyon zu übernachten? Da hat sie allerdings recht… Die Rangerin erklärt uns, dass es für die Übernachtung auf der Phantom Ranch keine Backcountry-Genehmigung braucht, wir uns stattdessen bei der Bright Angel Lodge melden müssen, da die dort die Reservationen für die Ranch machen. Gesagt, getan und wir lassen uns auf die Warteliste für einen Übernachtungsplatz auf der Phantom Ranch setzen. Wir haben Glück und bekommen für unser Wunschdatum je einen Platz in einem Dorm (Massenlager). Wir wandern also tatsächlich in den Grand Canyon!😁

Wir starten nach dem Mittag vom South Kaibab Trail aus und der Abstieg in den Canyon kann losgehen! Wir müssen einfach um 18:30 Uhr unten sein, denn dann sind wir mit Essen dran. Das Wetter ist perfekt. Strahlend blauer Himmel und recht frische Temperaturen. Die Aussichten und das Farbenspiel sind der Wahnsinn! Atemberaubend ist noch untertrieben! Die Landschaft verändert sich konstant, je weiter wir absteigen. Unterwegs kommen uns zwei Maultierkarawanen entgegen. Nach gut 4 Stunden 15 Minuten kommen wir (mehr oder weniger geschafft) am Colorado River an. Yieepiee! Die Ansicht des Flusses ist einmalig. Hier unten ist es auch deutlich wärmer als am Rim. Kurz vor der Brücke, die den Colorado River überspannt, treffen wir eine Frau mit einem riesigen Rucksack, die noch geschaffter aussieht als wir uns fühlen. Sie kommt aus Alaska und ist mit drei Freundinnen unterwegs. Nachdem sie uns versichert hat, dass sie zurecht kommt, gehen wir weiter. Über die Brücke durch viel Grün und an einem klaren Bach entlang (dem Bright Angel Creek) erreichen wir die Phantom Ranch.

Die Ranch besteht aus ungefähr 14 Gebäuden und etwas entfernt einem Paddock für die Maultiere. Alle Häuschen sind 1922 entstanden und sind aus Stein gebaut, mit Holzveranda oder Holzbänkchen versehen. Umgeben ist das Areal von viel Grün, eingebettet zwischen den immensen Felswänden. Sehr idyllisch. Es laufen auch kleine Hirsche durch das Camp… Verantwortlich für das Design der Phantom Ranch war ebenfalls Mary Colter. Die Ranch bietet Platz für 92 Gäste, die entweder in Massenlagern à 10 Personen (Männlein und Weiblein getrennt) oder Cabins (so etwas wie Chalets für 2-4 Personen) übernachten können. Der Grand Canyon hat mehrere Millionen Besucher im Jahr, jedoch nur ungefähr 1% davon übernachtet auf der Phantom Ranch. Wir gehören jetzt also auch zum stolzen „One-Percenter’s Club“! Im Hauptgebäude wird gegessen und sich getroffen. Die Angestellten wohnen in WG’s in separaten Häuschen. Die Dorms sind mit je 5 Stockbetten, einem WC und einer Dusche ausgestattet. Bettzeug und Badetücher werden von der Phantom Ranch zur Verfügung gestellt. 

Unsere Betten sind schnell bezogen und bis zum z’Nacht bleibt nicht mehr viel Zeit. Es wird in zwei Schichten gegessen, die Steak-Esser waren um 17:00 Uhr dran und die Stew- und Veggieesser um 18:30 Uhr. Wir gehören zu Letzteren. Der Essensruf ertönt mittels Triangel, wie im Wilden Westen. Das Essen schmeckt hervorragend! Wir sitzen an langen Tischen und das Essen wird in riesigen Töpfen serviert. Hier sehen wir die Frau aus Alaska mit ihren Freundinnen wieder. Sie sind auf dem nahen Campingplatz einquartiert. Wir haben ja ihren riesigen Rucksack gesehen. Alle vier haben so einen. Ihnen ist gesagt worden, dass es im Grand Canyon wirklich kalt sei und darum haben sie nicht nur Daunensachen eingepackt sondern auch eher leichtere Kleidung und Schlafsäcke. Ihr kommt aus Alaska, Frauen! Dort ist es kalt, hier nicht! Genau das haben sie auch festgestellt. Eine der Damen hat sogar bereits gemixten Gin Tonic mit hinunter getragen… Wir alle lachen uns fast kaputt. Die Frauen sind echt cool drauf…

Uns wird erklärt, dass nicht nur Touristen und/oder deren Gepäck mit Maultieren in und aus dem Canyon transportiert werden sondern auch die gesamte Versorgung der Ranch mit den Tieren bewerkstelligt wird. Nicht schlecht, was die leisten! Das Personal arbeitet 10 Tage am Stück und hat danach 4 Tage frei. Um raufzukommen müssen sie allerdings mindestens 4 Stunden den Berg hoch! Kein Zuckerschlecken nach einer harten Arbeitsschicht…

Um 20:30 Uhr beginnt das Ranger Programm. Die Rangerin hält einen Supervortrag über Klapperschlangen (die schlafen übrigens hier unten auch immer noch, puh!😊). Es wird langsam frisch und wir trinken anschliessend mit einem anderen Paar noch ein Bier im Haupthaus, bis schliesslich um 22:00 Uhr die allgemeine Nachtruhe ausgerufen wird. Es ist Zeit für’s Bett, müde genug sind wir ja😊. Ein wunderschöner Tag geht zu Ende.

Danke Mädels, dass ihr nicht geschnarcht habt! Um 05:00 Uhr klopft es an die Tür mit der Mitteilung, dass das erste Frühstück bald serviert wird. Niemand steht auf. Kurz vor halb sieben machen wir uns im Dorm parat, um für das zweite Frühstück um 07:00 Uhr fertig zu sein. Es gibt alles, was man für eine anstrengende Wanderung so braucht: Rühreier, Speck, Minipancakes mit Ahornsirup, Früchte, Orangensaft und natürlich Kaffee. 

Noch schnell Postkarten geschrieben, die per Maultier zur Post hochgebracht werden und dann sind wir auch schon bereit zum Abmarsch. Das Wetter ist traumhaft! Der Weg führt uns zunächst durch ein Flusstal, dass sehr grün ist. Langsam schraubt sich der Weg in die Höhe (schliesslich sind wieder rund 1‘500 Höhenmeter zu bewältigen!) und gibt den Blick auf wunderschöne Felsformationen und das Tal unter uns frei. 8 Stunden später (mit einer reinen Gehzeit von sechseinhalb Stunden) haben wir es geschafft: Wir sind wieder oben angekommen! Jetzt haben wir uns den Gipfelschnaps redlich verdient😊! Ziemlich fertig und sehr stolz und zufrieden fahren wir zum Campingplatz zurück und Fabian kocht uns einen reichhaltigen z’Nacht. Nicht lange, und das Bett ruft.

Der Grand Canyon, die Natur dort und vor allem auch die Wanderung zum Colorado River hinunter waren immens eindrücklich und sucht seinesgleichen. Ein wunderschöner Nationalpark, mit atemberaubenden Aussichten (man kann es einfach nicht anders beschreiben), den zu besuchen es sich auf jeden Fall lohnt. 

Get your Kicks on Route 66!

Wir sind bereit, weiter gegen Westen zu reisen. Die legendäre Route 66 erwartet uns! Wir fahren aus dem Grand Canyon Gebiet nach Williams, jener Stadt, die im Oktober 1984 als letzte vom Highway I-40 umfahren worden ist. Williams (nach eigener Beschreibung auch das Tor zum Grand Canyon) ist ein kleiner Ort mit einigen Restaurants und hübschen Geschäften, die auch echte Navajo Kunst anbieten. Am Strassenrand sehen wir einen 110er Defender stehen, den wir uns natürlich anschauen. Plötzlich taucht der Besitzer auf und wir kommen ins Gespräch. Er ist ein echt cooler Typ und wir dürfen bei ihm übernachten. Weiter geht es über Ash Fork nach Seligman bis nach Kingman. Auf der Route gibt es schräge und voll touristische Orte, die die Nostalgie der Route 66 voll ausschlachten jedoch auch solche, die nach dem Bau des Highway irgendwie völlig vergessen gegangen sind und es nicht einmal ein Café gibt. Wir sehen alte Tankstellen aus der Zeit und sogar die, die jener aus dem Disneyfilm „Cars“ als Inspiration diente. Witzig sind auch die Tafeln am Strassenrand, auf denen Teile eines Reims stehen, der beim Fahren gelesen werden kann.  

Wir nützen die Möglichkeit, in Peach Springs noch einmal am Colorado River zu übernachten. Da dies Hualapai Gebiet ist, muss eine Bewilligung gelöst werden. Nicht ganz einfach, wenn das zuständige Büro geschlossen ist. Man sagt uns, dass es dann gratis sei. Aha… Also fahren wir die Piste entlang an riesigen Ocotillos und grossen Kakteen vorbei, bis uns ein Ranger aufhält. Nachdem wir ihm die Situation erklärt haben, verkauft er uns eine Bewilligung. Für USD 33.00 dürfen wir hinunter. Camping kostet mehr. Da er uns die Bewilligung (wohl unbewusst) für den nächsten Tag ausstellt, wollen wir unten entscheiden, ob wir bleiben wollen oder nicht. Die Piste ist gut in Schuss und recht kurvig. Noch eine letzte Kurve und wir stehen direkt am Colorado an einem kleinen Strand, dem Diamond Creek Beach. Hier bleiben wir!

Von Kingman aus fahren wir durch die Black Mountains, eine schöne wilde Berglandschaft mit blühenden gelben Blumen, nach Oatman. Oatman ist eigentlich eine Western-Geisterstadt. Es ist allerdings dermassen touristisch da, dass von Geistern nicht die Rede sein kann. Zweimal am Tag findet ein „Bankraub“ mit Schiesserei statt. Der Erlös der Spenden wird für einen guten Zweck verwendet. Wir schlendern durch den Ort und gönnen uns ein Eis. Danach geht es weiter bis nach Arizona Village, wo wir wieder am Colorado übernachten möchten. Die Plätze dort sind allerdings nicht so schön und so entscheiden wir uns für die andere Seite, entlang einem ATV-Track. Auf der Suche nach einem geeigneten Platz wird der sandige Boden ziemlich weich und Fabian muss ordentlich Gas geben, damit wir nicht stecken bleiben. Schliesslich finden wir ein Plätzchen und freuen uns schon auf unsere nächste Station, Las Vegas!

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